Schuldgefühle
Hypnose und Hypnotherapie können sehr dabei helfen, Schuldgefühle zu überwinden oder loszulassen. Schuldgefühle sind sehr schmerzhaft, und viele Menschen leiden unter den belastenden, beschwerenden Gefühlen, ohne zu wissen, daß es sich um Schuldgefühle handelt.
Oft sind diese Schuldgefühle auch nicht mit einer realen, konkreten Schuld verbunden. Sich schuldlos schuldig zu fühlen und das oft nur halbbewusst wahrzunehmen, kann dem Leben jegliche Leichtigkeit nehmen. Unbehandelt werden Schuldgefühle im Laufe der Zeit oft immer heftiger.
Oft sind die Gründe, eine Psychotherapie in Hypnose zu beginnen, am Anfang ganz andere, und zwar konkrete und schwierige Symptome wie Ängste, Überlastungssituationen, Depressionen oder auch Zwangssymptome.
Angemessen sind Schuldgefühle, wenn wir schuldig geworden sind, d.h. wenn wir willentlich oder fahrlässig anderen geschadet haben. Das kann manchmal strafrechtlich relevant sein oder „nur“ gegen allgemeine Normen oder unsere inneren Werte verstoßen haben. Das ist reale Schuld, und der Mensch, der schuldig geworden ist, kann das erkennen und fühlt sich verantwortlich. Das ist reifes Verhalten. Diese Schuldgefühle lassen sich lindern, indem z.B. versucht wird, einen Ausgleich mit dem Geschädigten zu erreichen.
Was aber, wenn man Schuldgefühle ohne reale Schuld erlebt?
In meiner Praxis für Hypnose in Nürnberg entdecke ich zusammen mit meinen Klienten immer wieder, daß die Wurzeln dieser Schuldgefühle oft in der (frühen) Kindheit zu finden sind.
Da vor allem langdauernde Schuldgefühle oft ins Unbewusste verdrängt werden und Hypnose- Klienten oft nicht klar ist, dass sie unter unbewussten Schuldgefühlen leiden, beschreibe ich ein paar exemplarische Situationen, die zu unbegründeten Schuldgefühlen führen können.
- Kinder entwickeln Schuldgefühle oft, wenn jemand in der Familie chronisch krank, sehr bedürftig oder unglücklich ist. Aufgrund der ganz besonderen und kindlichen Wahrnehmung der Welt suchen sie die Gründe für die schwierige Situation bei sich selbst. Sie übernehmen viel zu früh die Verantwortung für das Wohlergehen eines Elternteils oder für die ganze Familie und versuchen, die Situation zu verbessern. Damit sind sie natürlich überfordert, werden ängstlich, erschöpft oder ziehen sich zurück.
- Manche Menschen gaben sich als Kind die Schuld, daß sich ihre Eltern getrennt haben. Manche Eltern sagen so etwas direkt zu den Kindern „Wegen dir…“, aber oft entstehen solche Ideen auch der Phantasie der Kinder. „Wenn ich brav gewesen wäre hätten sich Mama und Papa nicht wegen mir gestritten“
- Manchmal bringt die Hypnose Erinnerungen zurück, daß man als Kind eigentlich nicht gewollt und gewünscht war. Das muß gar nicht unbedingt so gesagt werden, aber Kinder erleben dann oft wiederholt abwertendes Verhalten, entwertende Kommentare. Diese Erfahrungen hinterlassen Spuren im Gehirn, die sich mit jeder Wiederholung verfestigen, und die inneren Stimmen beginnen dann, die entwertende Art des Umgangs mit sich selbst zu übernehmen.
- Frühe Verluste sind für Kinder besonders tragisch, wenn ein Elternteil oder Schwester oder Bruder sterben. In dem emtionalen Chaos werden diese Kinder oft „vergessen, weil die Trauernden mit sich und mit dem Verlust kämpfen. Das lebende Kind versucht häufig, die Trauernden zu entlasten und haben oft das Gefühl, am Tod schuld zu sein oder zumindest nicht alles getan zu haben, um ihn zu verhindern. Das verursacht schwere Schuldgefühle. Trauerprozesse werden dann nicht abgeschlossen, manchmal wird das eigene Überleben als schuldhaft wahrgenommen.
- Schuldgefühle können auch aus unverarbeiteten Traumatisierungen der Elterngeneration entstehen. In meiner Hypnosepraxis arbeite ich auch immer wider mit Menschen, deren Eltern Kriegskinder waren, die ihre Traumata an ihre Kinder weitergegeben haben (transgenerationale Traumatisierungen). Dann erlebt man eventuell ganz unbestimmte Schuldgefühle und die Stimmung ist immer depressiv getönt, ohne daß man persönliche Gründe dafür finden kann. Zukunftsängste, tiefe Verunsicherung und ein Gefühl, nicht genau zu wissen wer man ist, können das Leben begleiten. Als Kind konnte man nicht verstehen, daß man nicht schuld war an den seelischen Problemen der Eltern, an der emotionalen Distanz zu den Eltern, die man spürte. Kinder glauben dann, daß mit ihnen etwas nicht stimmt. Die Eltern werden geschützt- aus einer großen Loyalität heraus.
- Manchmal werden Schuldgefühle auch mehr oder weniger bewusst in der Erziehung eingesetzt, durch Eltern oder Lehrer zum Beispiel. „Wegen dir konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen.“ „ Wir haben alles für dich getan und das ist nun der Dank“ oder „Du bringst mich noch ins Grab“ sind- für Erwachsene- offensichtliche Manipulationen mit Schuldgefühlen. Als Kind können wir die Manipulation nicht erkennen und übernehmen das vernichtende Urteil über uns und machen uns später fast automatisch ähnliche Selbstvorwürfe. Andere Eltern sprechen es nicht aus, strafen ihre Kinder jedoch mit Entzug der Aufmerksamkeit und Zuwendung oder die Mutter greift sich mit leidendem Blick ans Herz, während sie scheinbar wohlmeinend sagt „Geh nur Kind, genieße nur Deine Jugend und mach dir keine Sorgen um mich, wenn ich hier allein zurückbleibe“.
Wie wirken sich Schuldgefühle im Leben aus?
Auch unbewusste Schuldgefühle sind mit der Angst vor Strafe verbunden. Manchmal verbieten sich Menschen dann, erfolgreicher als die Eltern zu werden, oder sich selbst und ihre Bedürfnisse wahrzunehmen. Man stellt keine Forderungen, man äußert seine Wünsche nicht. Innere Dialoge klingen oft so: „ich kann das nicht“ oder „ich darf das nicht“, „alles ist so schwierig und anstrengend“ „ich darf nicht enttäuschen“ „ich bin wertlos“. Oder wir rechnen immer mit dem Schlimmsten.
Daraus kann ein perfektionistisches, kontrollierendes Handeln resultieren, es können Angsterkrankungen, Depressionen oder ein Burn Out entstehen. Zwangsgedanken, Zwangshandlungen, Suchterkrankungen, Selbstbestrafungstendenzen entwickeln sich. Häufig sind Ängste wie Zukunfts- oder Krankheits- und Versagensängste.
Viele dieser Symptome sind den Betroffenen bewusst. Trotzdem können sie ihr Handeln nicht einfach so bewusst ändern, da diese Handlungsweisen eine wichtige stabilisierende Funktion haben. Mit Hilfe dieser Symptome kann ein selbstunsicherer, verletzter Mensch stabilisiert werden und die im Hintergrund- im Unbewussten- lauernden Schuldgefühle können wirksam in Schach gehalten werden.
Hypnose kann helfen
Gerade aus den letzten Sätzen wird klar, daß hier die Arbeit an Symptomen oder am Verhalten keine Lösung sein kann. Die Symptome sind hier ein Schutz vor den Schuldgefühlen. In der Hypnose wird es deshalb darum gehen, zuerst die Ursachen der Symptome zu erkennen und herauszufinden, ob ihnen eventuell unbewusste Schuldgefühle zugrundeliegen.
Mit dem Unbewussten kann kommuniziert werden, und die Ursache der Schuldgefühle kann in Hypnose gefunden werden. In der Arbeit mit Hypnose und oft mit dem inneren Kind können viele meiner Klienten dann auf einer tiefen emotionalen Ebene erfahren, wo die wirkliche Verantwortung lag und dass das Kind, welches man einmal war, keine Schuld trug. Diese korrigierenden Erfahrungen können in tiefer hypnotischer Trance große Veränderungen und Entlastungen im Gefühlsleben bewirken, so dass die Symptome sich auflösen können.
Auch bei realer Schuld können in Hypnose Lösungswege und Möglichkeiten des Ausgleichs erforscht und gefunden werden. Mit Hilfe des Unbewussten kann man herausfinden, wie man das umsetzen kann.
Der überwiegende Teil der Menschen, die in meine Hypnosepraxis kommen, haben jedoch keine reale Schuld auf sich geladen. Die Schuldgefühle entstanden zu einer Zeit, in der sie Kind waren und in der sie keinerlei Schuld haben konnten, denn „Die Kinder sind immer unschuldig“ (Alice Miller 1979). Davon bin auch ich überzeugt.
Quelle: *Miller, Alice (1979): Das Drama des begabten Kindes und die Suche nach dem wahren Selbst. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1983.